Vogelportrait


Der Haussperling Passer domesticus

Kein anderer Vogel ist in seiner Lebensweise mit dem Menschen und seinen Ansiedlungen so verbunden wie der Haussperling. Ursprünglich ein Steppenvogel, der von den Sämereien des Graslandes lebte, folgte er ihm schon vor vielen tausend Jahren zu seinen Behausungen und passte sich erstaunlich gut dem menschlichen Umfeld an.

Unsere Bauwerke boten ihm Nistmöglichkeiten für die Aufzucht seiner Jungen, und unsere Art zu leben sicherte ihm die Nahrungsgrundlage, wobei es sich im wahrsten Sinne der Worte nur um die Reste unseres Nahrungs-tisches handelte, die der Haussperling sicher überall aufzuspüren wusste.

Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn der Hausspatz ist nicht nur ein kluger, sondern auch sehr anpassungsfähiger Vogel. Wenn es zwar heute nicht mehr soviel Bauernhöfe mit Misthaufen, Hühnerlaufställe und Pferdeäpfeln auf den Straßen gibt wie früher, so ist der Tisch für ihn in unserer Überflussgesellschaft mancherorts doch noch reich gedeckt. Imbissstände, Rastplätze, Freizeitgelände mit Essbuden, Tiergärten - überall dort wo Menschen im Freien essen oder Tiere fressen fallen, auch für die Spatzen ein paar Krümel ab und die haben sie schnell entdeckt. Selbst Verbrauchermärkte mit ihrem unermesslichen Vorrat an Getreideerzeugnissen und gelegentlich aufgeplatzten Packungen sind von Haussperlingsgrüppchen als Ersatz-Nahrungsreviere auserkoren worden. Haussperlinge sind Allesfresser und lassen sich auch Brot und "Pommes"-Reste munden.

Lieber mögen sie natürlich halbreife Getreidekörner und versammeln sich bei entsprechendem Angebot zur Sommerszeit gern in Scharen an den Feldern, um im Schutze des größeren Verbandes dort einzufliegen. Doch auch tierische Kost steht auf ihrem Speisezettel. Gerade zur Aufzucht der Jungen erweisen sich die Haussperlinge als eifrige Insektenvertilger und leisten einen wichtigen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung im Haushalt der Natur.

Haussperlinge haben eine hohe Fortpflanzungsrate und brüten häufig bis 3 mal im Jahr. Ihre Nester legen sie in Gebäudenischen, Mauerspalten, aber auch Baumhöhlen und Nistkästen an. Sie tragen dazu viel Nistmaterial ein,
das oft etwas unordentlich aus den Öffnungen herausschaut. Das Gelege besteht aus 4-6 grau bis braun gemusterten Eiern, die 11-13 Tage von beiden Elterntieren bebrütet werden. Von den geschlüpften Jungen werden nur etwa ein Drittel flügge. Offenbar ergibt sich bereits im Nest ein Verdrängungskampf, bei dem die Schwächeren auf der Strecke bleiben. Die ausgeflogenen Jungen werden von den Eltern noch einige Tage geführt, bevor sich die Jungvögel mit anderen zu Trupps zusammenfinden, und die Alten zur nächsten Brut schreiten.

Haussperlinge sind Kosmopoliten und auf der ganzen Welt bis auf wenige Gebiete in allen Klimazonen vertreten. Sie haben die Menschen auf ihren Auswanderungsreisen zu anderen Kontinenten begleitet und sich auch in der Neuen Welt gut eingebürgert. Als Nahrungskonkurrenten wurden sie früher in vielen Ländern, wie auch bei uns, konsequent verfolgt. Aber man hat sie auch ganz bewusst in manchen Regionen, wie Nordamerika, neu angesiedelt. Dazu wurden sogar von den Einwanderern im 19. Jahrhundert spezielle Komittees zur Ansiedlung des Haussperlings gegründet. Wahrscheinlich wollte man sich damit ein vertrautes Stück Heimat bewahren und hoffte auch schon damals auf die Tugend der Sperlinge als Schädlingsbekämpfer.

In unseren Breiten gelten Haussperlinge nicht mehr als Landwirtschafts-Schädlinge. Sie werden auch nicht als gefährdete Art angesehem, obwohl die Bestände in den letzten Jahrzehnten sichtbar abgenommen haben. Wahrscheinlich sind sie intelligent und anpassungsfähig genug, um in ihrer Existenz nicht bedroht zu werden.

Trotzdem und vielleicht gerade deshalb wurde der Haussperling zum "Vogel des Jahres 2002" gewählt. Seit Jahrtausenden lebt er mit dem Menschen im Bündnis. Er ist in unserer hochtechnisierten Gesellschaft ein Stück liebenswerte Natur, an dem wir uns auch inmitten von Städten erfreuen können. Dies sollten wir schützen und bewahren.



Die Natur ist unser Vorbild